Gelegentlich kommen wir mit jungen Lehrern und frischen Quereinsteigern ins Gespräch, wie wir unseren Unterricht gestalten. Und gerade die Tafelbilder sind da ein spannendes Element. Grund genug, einmal intensiver darüber nachzudenken, was wir da genau tun (im NLP trägt das die Bezeichnung „Modeling“). Was empfehlen wir also jungen Lehrern und Quereinsteigern, wenn sie ein gutes Tafelbild entwickeln wollen?

1. Bedenken Sie die Wichtigkeit des Tafelbilds

Behalten Sie bitte im Hinterkopf, dass die meisten Schüler und Studenten einen visuellen Lerntyp haben. Tatsächlich zeigt unsere Erfahrung, dass nur sehr wenige Schüler (<10%) ausschließlich haptisch (=körperlich/praktisch) oder auditiv lernen. Das Visuelle spielt also beim Lernen immer mit hinein. Mehr noch: Die meisten Studien gehen davon aus, dass der Anteil der Lerner mit dominantem visuellen Lerntyp bei 40-50% liegt. Wenn sich jetzt ein visueller Lerner an die Unterrichtsstunde erinnert, wird er vor allem das wahrnehmen, was er gesehen hat. Das sind das Tafelbild und seine eigene Aufzeichnung (die vom Tafelbild inspiriert wurde). Ihr Tafelbild ist es also, was „hängenbleibt“ und was Ihre Schüler/Studenten bewusst und unbewusst mitnehmen.

2. Halten Sie den Prozess des Lernens im Hinterkopf

Die Mitschriften lassen sich am einfachsten führen, wenn man alles vom Tafelbild übernehmen kann. In Mathematikstudiengängen wird dieses Prinzip sogar so stark gelebt, dass ich in meinem ganzen Studium außer in Seminaren und Nebenfachveranstaltungen keine einzige Powerpoint-Präsentation gesehen habe. Es wurde alles an die Tafel geschrieben und das Tafelbild ergab in seiner Gesamtheit dann den Vorlesungsstoff – was auch sehr praktisch für die Nacharbeit ist. Mathematikprofessoren erklären das übrigens damit, dass der schwierige Stoff erst durch das Auge und dann durch die Hand gehen muss, damit er verstanden wird. Lernen mit Tafelbild ist also ein meditativer Prozess, den man durch schnellschaltende Powerpoint-Präsentationen oder freie Diskussionen nicht nachstellen kann. Außerdem hat es eine Vorbildwirkung für die Lernenden, wenn Sie zeigen, wie ein Mensch das gesamte Wissen vor anderen herleiten kann. Auch das bleibt im Kopf!

3. Achten Sie auf Struktur und Vollständigkeit

Ihr Tafelbild soll Ihren Schülern/Studenten helfen, das nötige Wissen vollständig im Hefter zu haben. Das können Sie dadurch erleichtern, dass Sie wirklich alles (!), was Sie als Kompetenzen aufbauen wollen, in der Theorie und mit einem Beispiel an der Tafel darstellen. Arbeitsblätter sind eine gute Wiederholung, aber kein guter Ersatz für das, was Sie selbst an der Tafel entwickeln können. Zu einem guten Tafelbild gehört ferner, dass man sich in den Mitschriften später auch wieder zurechtfindet. Kapitelüberschriften und Nummerierungen (wir machen es maximal zweistufig, d.h. „3.7.“ etc.) gehören da einfach dazu.

4. Arbeiten Sie mit Farben

Weiß ist eine gute Grundfarbe, aber wenn Sie etwas betonen möchten, dann machen Sie sich die Arbeit leichter, wenn Sie auch zu anderen Farben greifen. In unseren Stunden ergibt sich immer wieder, dass man z.B. Grundlagen wiederholen möchte, ehe man eine Aufgabe fortsetzt, oder dass einzelne Elemente nicht immer sofort verstanden werden und deshalb Kommentare nötig werden. Die kann man aber auch direkt per farbigen Pfeil an die entsprechende Stelle schreiben. Bedenken Sie bitte auch, dass ein farbiges Tafelbild eine ganz eigene Ästhetik hat und sich allein deshalb leichter einprägt.

ÜA Potenzen

5. Arbeiten Sie mit Diagrammen

Mein Lieblingsdiagramm ist die klassische Mindmap. Jedes Mal, wenn ich einen neuen Abschnitt beginne, male ich mit meinen Schülern/Studenten eine und fordere sie auf, sie als Kapiteldeckblatt zu verwenden. Tatsächlich erweisen sich diese Mindmaps bei vielen Teilnehmern als sehr nützlich (Kommentar: „Ach, jetzt weiß ich erstmal, worum es geht!“) und dauern meist nicht lang. In Schulen und Hochschulen sind diese Übersichten leider wenig verbreitet – was sehr schade ist, denn wenn man von Beginn an weiß, wohin die Reise gehen wird, kann man ihr auch leichter folgen.
Eine zweite Art des Diagramms ist das Pfeildiagramm, das ich gern dann anwende, wenn ein komplexer Vorgang beschrieben werden soll. Das trifft auf mathematische Algorithmen genauso zu wie z.B. physikalische oder chemische Prozesse. Und natürlich: Auch die Diagramme sind farbig!

6. Das Wichtigste: Bleiben Sie spontan

Sie sind derjenige, der weiß, wohin die Stunde führen wird. Sie kennen die wichtigsten Eckpunkte und die wichtigsten Stolperfallen. Allerdings müssen Sie nicht jeden Schritt im Vorfeld festlegen. Bleiben Sie bei allem irgendwo auch spontan und geben Sie dem Tafelbild die Chance, sich mit den Beiträgen Ihrer Schüler/Studenten zu entwickeln. Braucht jemand eine Wiederholung oder stellt eine weiterführende Frage? Nehmen Sie das zum Anlass, einen kleinen Exkurs im Tafelbild einzufügen. Das macht es lebendiger und spielerischer. Und genau das ist auch der Vorteil gegenüber einer starren Powerpoint-Präsentation oder einem starren vorgeplanten Tafelbild.

Wie gestalten Sie Ihre Tafelbilder? Kennen Sie weitere Tricks und Kniffe? Wir freuen uns über den Erfahrungsaustausch mit Ihnen.

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